Johanna Geissmar
* 7. Dezember 1877 in Mannheim | + 14. August 1942 in Auschwitz
Johanna Geissmar besuchte in Mannheim die höhere Töchterschule, aber ein Studium kam zunächst nicht in Frage, da ihr als Frau die Universitäten noch verschlossen waren. Im Jahre 1900 wurden jedoch erstmals Frauen an der Heidelberger Universität zugelassen und so holte Johanna das Abitur nach, um ab 1909 Medizin in Heidelberg zu studieren. Das Studium schloss sie 1915 mit dem Titel des Dr. med ab und erfüllte sich 1920 ihren Traum eine eigene Praxis als Kinderärztin zu betreiben.
Leider hielt ihr Glück nicht lange an, denn 1930 starteten die Nazis ihre NS-Propaganda und immer weniger Patienten kamen infolge dieser zu Johanna Geissmar.
Als dann 1933 die Gauleitung zum Boykott von jüdischen Ärzten aufrief und ihr die Kassenzulassung entzogen wurde, musste Johanna ihre Praxis schließen.
Nach dem Novemberprogrom 1938 begann für Johanna als Jüdin ein Alptraum, sie wurde von den Nazis gedemütigt und tätlich angegriffen. Als sie Zuflucht bei ihrer Freundin Erika Schwoerer fand, deren Familie nicht für den Nationalsozialismus war, wurde die Lage immer bedrohlicher und so wandte sich ihre Freundin an den evangelischen Pfarrer Martin Huß, doch war ein Schutz nicht mehr möglich.
Johannas Bruder Friedrich nahm sich aufgrund der Lage für Juden in Deutschland im Herbst 1940 das Leben.
Johanna Geissmar wurde von der Gestapo am 23. Oktober 1940 zu einer der drei Sammelstellen gebracht und in das Lager von Gurs in Südfrankreich deportiert, wo sie als Ärztin im Rahmen ihrer Möglichkeiten im Frauenlager half.
Obwohl ihr Name nicht auf der Liste stand, meldete sie sich 1942 freiwillig für den Transport ins KZ Auschwitz-Birkenau, einerseits wollte sie ihre Patienten weiterhin medizinisch betreuen, andererseits hoffte sie ihren Bruder Jakob und dessen Frau, die aus München deportiert wurden, in Auschwitz zu finden.
Als Todestag wird ihr Ankunftstag in Auschwitz-Birkenau festgehalten: der 14. August 1942.
Und nach dem ich all der (von den Nazis) ermordeten Menschen hier gedenke, möchte ich zuletzt auch noch meine Gedanken zu Johanna und stellvertretend zu allen Frauen in Deutschland (und den von Nazis infiltrierten Ländern) teilen:
Wie hätten sich die Rechte der Frauen entwickelt, wären die Nazis – mit ihren regressiven und rückwärtsgewandten Denkmustern – nicht an die Macht gekommen?
Inwiefern wurden durch sie Frauenrechte und feministische Wege eingeschränkt und verhindert? Was hätte Johanna Geissmar noch alles erreichen können?