Doris von Schönthan
Doris von Schönthan | Model, Werbetexterin, Journalistin, Fotografin
* 1905 in Worms als Maria-Dorothea Ehemann | + 1961 in Paris
In den Goldenen Zwanzigern gehörte Doris zu den schillerndsten Figuren der Berliner Künstlerszene. Sie war als Model, Journalistin und Fotografin erfolgreich, eine selbstbewusste und emanzipierte Frau, die ihre Sexualität frei und selbstbestimmt auslebte. Doris war eine Symbolfigur für die Aufbruchsstimmung in den Zwanzigerjahren. Sie hat sich nicht nur beruflich verwirklicht, sie hat ihr Leben genossen, exzessiv gelebt und gefeiert. Sie bewegte sich in intellektuellen Künstlerkreisen, zu ihren Freunden zählten die Geschwister Mann. Für Klaus Mann wurde sie die Gefährtin seiner „Grenzgänge zwischen Selbsterfahrung und Selbstzerstörung“. Ihre Freundin Grete Weil bezeichnete sie mit einer Mischung aus Erstaunen und Bewunderung als Cherubin. Doris verkörperte Zartheit und Sanftmut, Charisma und Leidenschaft. Sie besaß eine besondere mentale und emotionale Stärke.
Der Schriftsteller Franz Hessel verliebte sich bis über beide Ohren in sie und machte dies auch öffentlich – in seinen „Doris-Texten“ beschrieb er ihr besonderes „Feingefühl, das die Seele der Dinge berührt“.
Doch wer sich auf Spurensuche begibt, erkennt, dass sie weit mehr war als ein Glitzergirl der Boheme. Doris war politisch engagiert und bewies Loyalität, Menschlichkeit und Zivilcourage während des Dritten Reiches.
1933 schrieb sie in einem Brief an Klaus Mann: „Der Zustand in Berlin ist unbeschreiblich. Die letzten Freunde fliehen.“ Zusammen mit Elisabeth Hauptmann und Friedrich Wolf verteilte sie in Berlin antifaschistische Flugblätter. Ihren Freunden aus den linksintellektuellen Kreisen Berlins stand sie mutig zur Seite und bot politisch Verfolgten wie Rudolf Olden in ihrer Wohnung Unterschlupf. Als sie sich strikt weigerte, beruflich im Sinne der Nationalsozialisten zu formulieren, wurde es auch für sie so gefährlich, dass sie nach Frankreich emigrierte.
In Paris lernte sie den politischen Aktivisten Bruno von Salomon kennen und lieben. Sie heirateten und engagierten sich in der Volksfrontarbeit. Bei Kriegsausbruch gerieten sie in Gefangenschaft, saßen zeitweilig in Internierungslagern und schlossen sich später der Résistance an.
Beide überlebten den Krieg, aber der Tribut für die Jahre der Emigration, der Illegalität und des politischen Kampfes war hoch. Nach dem Tod ihres Mannes, einem erfolglosen Kampf um finanzielle Wiedergutmachung in Deutschland sowie einem Suizidversuch vereinsamte und verelendete Doris. Sie wurde obdachlos, war physisch und psychisch zerrüttet. Am Ende fehlten ihr die Kraft und der Mut zum Leben. Doris ist am Regime der Nazis zerbrochen. Doch ihr Mut, ihr Engagement und ihre Menschlichkeit leben weiter.