Brenda Wilson / Kanada
Am 11. Juni 1994 verschwand Brenda Wilsons Schwester Ramona spurlos. Die 16 jährige wollte auf eine Tanzveranstaltung und trampte auf dem berüchtigten „Highway of Tears“, da ihre Schwester sie nicht fahren konnte und es (bis heute) keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt.
Der „Highway of Tears“ ist ein 725 Kilometer langer Abschnitt des Highway 16 zwischen Prince George und Prince Rupert in der kanadischen Provinz British Columbia, der seit 1970 Schauplatz zahlreicher Morde und Vermisstenfälle indigener Mädchen und Frauen ist. Die Polizei hatte kein Interesse daran die Fälle aufzuklären und agiert seit Jahrzehnten in den Augen der betroffenen Familien offen rassistisch.
Brendas Schwester Ramona wurde 10 Monate nach ihrem Verschwinden tot aufgefunden. Brenda konnte den Schmerz nicht ertragen und wurde alkoholkrank und depressiv.
Heute, viele Jahre später, ist sie Aktivisten, kämpft gegen Rassismus und Gewalt und hält die Erinnerung an ihre Schwester und die 42 weiteren vermissten Frauen wach.
Sie stattet den Familien der Opfer zusammen mit der Polizei Besuche ab und baut Brücken zwischen Staat und Betroffenen.
Auch hier hinterließ das Trauma der Residential Schools, die indigene Kinder durch strenge Umerziehung zur kulturellen Assimilierung zwangen, seine Spuren.
Die First Nation Familien leiden heute noch darunter und das Trauma wird generationsübergreifend weiter gegeben. Arbeitslosigkeit, Armut, Gewalt und Drogenkonsum sind oft die daraus folgenden Konsequenzen.
Ich habe insgesamt über 2 Jahre in Kanada gelebt und Toronto ist meine zweite Heimat geworden. Ich mag die Menschen und deren freundliche Art sehr. Kanada liegt mir am Herzen, aber ich habe noch nie verstanden, warum die Kanadier so wenig Interesse daran hatten, ihre Geschichte aufzuarbeiten, anstatt sie zu romantisieren und zu verklären. Leider brauchte es erst den Fund der Massengräber der Residential Schools, um damit anzufangen.“